Generationenhilfe Oberzent erfüllt sich den Wunsch, Menschen aller Stadtteile an Beerfelden anzubinden

Von Gerhard Grünewald

OBERZENT . Wo sich Menschen jenseits des Berufslebens oft abgehängt fühlen, werden sie ab nächster Woche abgeholt – und das wortwörtlich. Denn die Generationenhilfe Oberzent setzt dann ihren Gemeinschaftsbus in Gang. Auf diese Weise nimmt sie fortan in Sachen fürsorglicher Mobilität die Bürger fast aller Ortschaften des weitläufigen Stadtgebiets mit, wenn diese für Lebenshaltung, Gesundheit oder soziale Kontakte der Fahrt ins zentrale Beerfelden oder in andere Stadtteile bedürfen.

Über die praktische Hilfe für jeden Einzelnen im Alltag hinaus soll der Beförderungsdienst so auch den Zusammenhalt in einer Stadt vierer ehemals selbstständige Kommunen und Dutzender Einzeldörfer stärken. Diese beiden Dienste leisten zu können, war für engagierte Bürger des südlichen Odenwaldkreises bei Gründung der Generationenhilfe im Jahr 2013 der Traum. Erfüllt haben sie sich ihn vor allem mit dem eigenen Fleiß und Enthusiasmus – und dank zweier kleinen Mithilfen von außen: Der frühere Beerfelder Wirtschaftskapitän Walter Wasserbäch und diese Zeitung haben dem offiziell Vereinsbus genannten Bürgermobil zu finalen Anschub verholfen.

Die private Großspende hier und das Ergebnis der Benefizaktion „Echo hilft!“ da sind es, die dem Initiativverein den Ankauf eines geeigneten Fahrzeugs ermöglicht haben und dessen Unterhaltung über Jahre hinaus sichern. „Etwas Besseres als die Idee unserer Heimatzeitung, uns den für unser Mobilitätsprojekt notwendigen Bus zu kaufen, hätte uns nicht passieren können“, sagt Achim Schäffler von der Generationenhilfe, „auch wenn es dann letztlich ein bisschen anders gekommen ist“.

Denn die von den VRM-Medien gesammelten Spenden finanzieren nun unabweisbare Betriebskosten wie Versicherung, Steuer, Kraftstoff und vieles mehr – und zwar einfach deshalb, weil sich mitten in der Aktion ein Einzelspender zur Bezahlung des gesamten Fahrzeugs bereit erklärte. Aber wie Generationenhilfe-Vorsitzende Birgit Schanbacher durchblicken lässt, hatte auch das zumindest indirekt mit dem ECHO-Engagement zu tun: „Wir haben durch die Berichterstattung enorm an Bekanntheit und Beliebtheit zugelegt“, berichtet die Beerfelder Sozialpionierin. „Über Wochen hinweg war unser Bürgerprojekt in aller Munde.“

Und zu Ohren kam es so auch dem für seine Spendierfreudigkeit bekannten Stadtbürger Wasserbäch. „Zum ersten Mal von der Sache gehört habe ich von meiner Zugehfrau“, erzählt der frühere Fabrikant. Und daraufhin sei ein Kontakt mit Renate Löw von der Generationenhilfe zustande gekommen. „Ich habe mal ganz schüchtern gefragt, ob sich Herr Wasserbäch eine Beteiligung an den Benzinkosten vorstellen könne“, erinnert sich die engagierte Bürgerin. „Aber damit wäre er sich offenbar etwas knickerig vorgekommen.“ „So etwas mache ich nicht“, habe er beschieden, fügt Wasserbäch schmunzelnd an. „Wenn, dann bezahle ich den gesamten Bus.“ Gesagt, getan. Bestellt wurde beim örtlichen Fahrzeughaus Lang, dessen Mitinhaber Heinz Lang der Generationenhilfe eng verbunden ist und mit der Preisgestaltung seinen Beitrag zum Gelingen des Unterfangens leistete. Das wiederum nahm als gut 30 000 Euro teurer Opel-Vivaro in L-Ausführung und mit Sonderausstattung Gestalt an, der am Freitag in Beerfelden vorfuhr und von hier aus ab Montag auf Tour gehen wird.

Befördern kann der Kleinbus coronabedingt erst einmal bis zu fünf, zu normalen Zeiten bis zu acht Personen, von denen zwei mit Rollator unterwegs sein können. Für sie und andere Gehbehinderte oder kleinere Kinder verfügt das Fahrzeug über eine Zustiegshilfe, für den Fall akuter gesundheitlicher Probleme an Bord soll alsbald ein Defibrillator mitgeführt werden. „Schließlich wird unsere Klientel ja vor allem aus betagten oder gehandicapten Menschen beziehen, für deren Teilhabe am gesellschaftlichen Leben wir den Bus ja vor allem gemacht haben“, fügt Birgit Schanbacher an, die zudem Wert auf das Generationenprinzip legt: „Wir stellen uns vor, dass mit den betagten Menschen auch der eine oder andere Schüler unterwegs sein wird, um jenseits der Schulbus-Möglichkeiten Termine wahrzunehmen oder Freunde zu besuchen“.

Sicher funktionieren wird das nun über Jahre, weil für die Unterhaltung und Absicherung des Busses 41 000 Euro von ECHO hilft und weitere Mittel von Aufschrift- Sponsoren bereitstehen. Vor allem aber funktioniert das System, weil sich 16 Oberzenter Bürger bereitgefunden haben, ehrenamtlich als Chauffeure tätig zu werden, „allesamt gestandene Autofahrer“, wie Achim Schäffler hinzufügt.

DIE GENERATIONENBUS-LINIEN

Der Generationenbus Oberzent beginnt seine Touren viermal pro Woche jeweils um 8.15 und 14.15 Uhr beim Rewe-Markt in Beerfelden, von wo aus er jeweils eine anderhalbstündige Runde dreht, von denen die erste vor allem als Innenstadt- und die zweite als Ortsteile-Zubringer gedacht ist.

Dabei werden je nach Tag unterschiedliche Stadtteile angefahren, und zwar wie folgt: Motags: Raubach, Hinterbach, Finkenbach, Falken-Gesäß, Airlenbach, Olfen (deshalb „Olfen“-Bus); Dienstag: Leonhardshof, Finkenbach, Ober-Hainbrunn, Hirschhorn, Rothenberg, Kortelshütte („Kortelshütte“-Bus). Donnerstags: Hebstahl, Unter/Ober- Sensbach („Hebstahl“-Bus); Freitag: Schöllenbach, Kailbach, Hesselbach, Hetzbach, Etzean („Hesselbach“-Bus). Der Bus hält bei Ärzten, Apotheke, Einzelhandel, Einkaufsmärkten, Physio-Praxen, Stadtverwaltung, Markt, Museum, Seniorenheimen und Gastronomie. (gg)

Anmerkung des Vereins: Die Fahrpläne werden den Stadtnachrichten in der ersten Augustwoche beigelegt. Die aktuellen Pläne sind jeweils auf dieser homepage unter Bürgerbus abgelegt.

https://www.echo-online.de/lokales/echo-hilft/generationenhilfe-oberzent-damit-menschen-abgeholt-werden_20722017